Die Zeichen stehen auf Klimastreik!

Tatsächlich gibt es viel Anlass zur Sorge über die immer mehr Fahrt aufnehmende Klimakrise und auch Anlass zur Frustriertheit über die noch immer viel zu unzureichenden lokalen, nationalen und globalen Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakatastrophe.

Der diesjährige Sommer wird in Erinnerung bleiben durch immense Brände weltweit, die viele Menschenleben gekostet und riesige Waldflächen und damit CO2-Speicher vernichtet haben. Der Verlust dieser Wälder war bei den negativen wissenschaftlichen Prognosen von der Klimaentwicklung noch gar nicht eingepreist. Auf der anderen Seite wird der Sommer aber auch durch verheerende Überschwemmungen nach enormen Starkregen wie in Griechenland und Hongkong in Erinnerung bleiben. In (noch) kleinerem Umfang war diesmal auch Aschaffenburg betroffen. Und wenig überraschend war es einmal mehr ein Rekordsommer: Die Sommermonate Juni bis August 2023 waren weltweit die heißesten seit Beginn der Aufzeichnungen 1940.1 All dies sind Auswirkungen des menschgemachten Klimawandels.

Und dennoch:

Notwendige und wirksame Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise sucht mensch vergebens. In Deutschland darf dank starker Auto-Lobby auch weiterhin unbegrenzt auf Autobahnen gerast werden – obwohl die Mehrheit der Bevölkerung ein Tempolimit befürwortet. Notwendige gesetzliche Anpassungen z.B. im Baurecht oder im Straßenverkehrsrecht, die dem Klimaschutz den Stellenwert einräumen, den dieser benötigt, wurden bisher versäumt. Die Folge sind völlig absurde gerichtliche Entscheidungen wie die in Gießen, mit der die Stadt zum Rückbau eines Verkehrsversuchs gezwungen wird, der den motorisierten Individualverkehr zu Gunsten des Fahrrad- und Busverkehrs eingeschränkt hatte.2

Auch international gibt es im globalen Norden noch immer keinen erkennbaren Willen, die Verantwortung für die Mitverursachung der Klimakrise zu übernehmen und sowohl die Klimakrise als auch deren Auswirkungen, unter denen in erster Linie der globale Süden leidet, einzudämmen. Die Länder des afrikanischen Kontinents haben kaum nennenswert zu der Klimakrise beigetragen, sind aber mit am stärksten von den Folgen betroffen. In diesem Sommer fand daher der erste afrikanische Klimagipfel statt, mit dem sich die afrikanischen Staaten Gehör verschaffen wollten – erschreckend und traurig, dass es an diesem Gehör noch immer mangelt und dass auch der afrikanische Klimagipfel in Deutschland kaum nennenswert zur Kenntnis genommen wurde.

Eine vollkommen verfehlte Befassung mit dem Thema Klimaschutz hat hierzulande auf politischer Ebene aktuell das Ziel, das Klimaschutzgesetz auf Betreiben des Bundesverkehrsministeriums ganz erheblich zu verwässern – fatal, denn für derartige Geschenke an Lobbyverbände und hieraus folgende Rückschritte ist schlicht keine Zeit mehr übrig. In einem offenen Brief fordern daher zahlreiche Wissenschaftler*innen des Verfassungs- und Völkerrechts, das Klimaschutzgesetz nicht abzuschwächen, sondern vielmehr die Beschließung eines effektives Klimaschutzprogramms mit ausreichenden Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaschutzziele und damit der völker- und verfassungsrechtlichen Verpflichtungen.3

Dieselben Wissenschaftler*innen kritisieren – zu Recht – die derzeit populären Forderungen nach einer Verschärfung straf- und polizeirechtlicher Reaktionen als „beunruhigend und in vielen Fällen verfassungsrechtlich fragwürdig“.4 Dabei sind schon die bestehenden Reaktionen auf die berechtigten Klimaproteste, wie aktuell die Verhängung von polizeirechtlichem Präventivgewahrsam und Polizeigewalt gegen Aktivist*innen der Letzten Generation und IAA-Gegner*innen inakzeptabel.

Der Repression gegen die Klimabewegung in Aschaffenburg hat leider das Verwaltungsgericht Würzburg vorerst den Weg geebnet, indem der Antrag eines Aktivisten der Letzten Generation auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die Allgemeinverfügung im Wesentlichen abgelehnt wurde. Wir halten diese Entscheidung in jeder Hinsicht für verfehlt. Selbst die Stadt Aschaffenburg war bemerkenswerterweise wohl nicht von der Rechtmäßigkeit der eigenen Allgemeinverfügung überzeugt und hatte daher offenbar nicht mit einem derartigen Erfolg gerechnet. Darauf jedenfalls deutet die Aussage von Aschaffenburgs Ordnungsreferenten im Main Echo hin, dass man überlegt habe, die Allgemeinverfügung zumindest durch eine Liste der relevanten Straßen, die in den Geltungsbereich der Allgemeinverfügung fallen sollen, zu präzisieren. Wenn seitens der Stadt die Auffassung besteht, dass eine solche räumliche Beschränkung ausreichend wäre, hätte sie diese unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit auch vornehmen müssen. Gestärkt durch den gerichtlichen (Teil-)Erfolg tut sie das aber nun einfach nicht. Ein verantwortungsbewusster Umgang mit den verfassungsmäßigen Rechten der Bevölkerung sieht anders aus.

Im Ergebnis ist es daher um unser Klima und den Erfolg der Klimabewegung aktuell nicht eben gut bestellt. So verständlich daher eine gewisse Frustrierung (die sich ohnehin nur der globale Norden leisten kann) ist, so wichtig ist es, dass sich die Klimabewegung hiervon nicht lähmen lässt – Klimaproteste sind um bleiben wichtig und notwendig!

Daher am 15. September alle zusammen raus auf die Straße –

zu einem sichtbaren und nicht zu überhörenden Klimaprotest!

1 https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-klimawandel-sommer-100.html

2 https://www.sueddeutsche.de/panorama/justiz-giessen-verkehrsversuch-gescheitert-rueckbau-bis-zum-fruehjahr-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-230830-99-15311

3 https://verfassungsblog.de/fur-eine-volker-und-verfassungsrechtskonforme-klimaschutzpolitik/

4 Ebd.