In Zukunft ohne Tierindustrie satt werden

Dass und warum ein Ausstieg aus der Tierindustrie richtig und notwendig ist, hat Friederike Schmitz ebenso eindringlich wie nachvollziehbar am 11. Mai 2023 in dem dritten Vortrag unserer „No Foodure“-Reihe erklärt:

Gesundheit:

Das immer weitere Eindringen des Menschen in die Lebensräume von Wildtieren, der mit großem Tempo fortschreitende Verlust der Artenvielfalt und die Haltungsbedingungen in der Tierindustrie mit einer enormen Anzahl von Tieren in qualvoller Enge – dies sind wesentliche Faktoren, die das Risiko von Zoonosen wie die Corona-Pandemie in die Höhe steigen lassen.

Für die individuelle Gesundheit kann der Konsum von tierischen Lebensmitteln zudem das Risiko sog. Zivilisationskrankheiten (wie Diabetes, Krebs und Herzerkrankungen) erhöhen, während eine pflanzenbetonte Ernährung gesundheitliche Vorteile bringt und auch eine gesunde rein vegane Ernährung nachweislich möglich ist.

Klima- und Umweltschutz:

Die Tierindustrie ist einer der großen Treiber der Klimakatastrophe (nach Meinung von Friederike Schmitz ist dies der gegenüber „Klimakrise“ treffendere Begriff – das sehen wir ganz genauso). Denn sie beansprucht zum einen bedeutend mehr Nutzfläche als eine rein pflanzliche Landwirtschaft und dies auf Kosten auch von wichtigen CO₂-Speichern wie (Regen-)Wäldern und Mooren. Hinzu kommt, dass die Tierindustrie selbst auch noch hohe Emissionen von Treibhausgasen verursacht: Bei einer Gegenüberstellung einzelner Lebensmittel kann der Wert der auf einzelne tierische Lebensmittel entfallenden CO₂-Emissionen um bis zu 100mal höher sein als der auf einzelne pflanzliche Lebensmittel entfallende Wert. Würde auf der gesamten Welt auf eine rein vegane Ernährungsweise umgestellt werden, würde dies 28% aller Treibhausgase einsparen – der Sektor Ernährung und Landwirtschaft ist daher bei der Bekämpfung der Klimakatastrophe schlichtweg unverzichtbar.

Tierethik:

Wie wenig die Haltungsbedingungen der sog. Nutztiere mit deren jeweiligen tatsächlichen Bedürfnissen zu tun haben, wurde ebenfalls sehr deutlich: Gegenübergestellt wurden von der Referentin einerseits natürliche Lebenserwartung und arttypische Verhaltensweisen etwa von Rindern, Schweinen oder Hühnern und andererseits die Umstände in der Tierindustrie, in der zur Gewinnmaximierung die Lebenserwartung der Tiere stark verkürzt und ein arttypisches Verhalten unmöglich gemacht wird. Untersuchungen haben zudem ergeben, dass ein großer Anteil der getöteten Nutztiere vor ihrer Tötung lange andauernden und erheblichen Qualen ausgesetzt war. Wer meint, mit dem Kauf von Bio-Fleisch das Problem lösen zu können, muss leider enttäuscht werden: Für die Tiere ergibt sich allein aufgrund eines Bio-Labels zu ihren Lebzeiten kein nennenswerter und im Hinblick auf die Situation in den Schlachthäusern bei ihrer Tötung gar kein Unterschied.

Aber mit der Feststellung, dass es dringend einer Ernährungswende zur Lösung der Probleme bedarf, war der Vortrag von Friederike Schmitz keineswegs beendet. Stattdessen zeigte sie auf der Basis von wissenschaftlichen Studien und praktischen Projekten Wege auf, wie und auf welchen Ebenen dieses Ziel realistischerweise auch erreicht werden kann – und liefert mit den bei ihr sich vereinenden Sichtweisen als Wissenschaftlerin und zugleich als Aktivistin einen wie wir finden unschätzbaren Beitrag zu der so enorm wichtigen gesellschaftlichen Debatte. Die Referentin betonte, dass die Verantwortung für das Gelingen der Ernährungswende nicht einfach jedem und jeder Einzelnen überlassen werden könne, sondern dass diese Wende politisch organisiert werden müsse. „Nudging“ (d.h. Anstubsen: Eine Strategie zur Herbeiführung von Verhaltensänderungen – wie etwa die Auswahl von pflanzlichen Speisen und Lebensmitteln – durch subtile Anstöße und ohne Zwang), eine veränderte Gemeinschaftsverpflegung, Aufklärung, Werbeverbote und eine veränderte Preispolitik können Stellschrauben dafür sein, damit im Ergebnis pflanzliche Speisenoptionen die einfachsten, günstigsten, attraktivsten und wo immer möglich auch die einzigen sind.

Eine solche Politik wird es aber nur geben, wenn es eine entsprechend starke und vernetzte gesellschaftliche Bewegung gibt, die diese kontinuierlich und vehement einfordert.

In diesem Sinne – werden bzw. bleiben wir daher aktiv mit dem Ziel, den Ausstieg aus der Tierindustrie so schnell wie möglich zu erreichen und tragen wir die lebhafte und spannende Diskussion, die sich im Anschluss an den Vortrag von Friederike Schmitz entwickelt hat, in andere gesellschaftliche Zusammenhänge weiter!

Abschließend möchten wir wieder ganz herzlich Danke sagen an alle unsere Besucher*innen für das Interesse und die vielen wertvollen Diskussionsbeiträge und natürlich auch an die vegane Bäckerin Marie (VeganLui) für die unerhört köstlichen veganen Küchlein.

Damit nähern wir uns nun auch schon dem Abschluss unserer „No-Foodure“-Reihe: Am Donnerstag, den 15. Juni 2023 um 19.30 Uhr steht als letzte Veranstaltung der Vortrag des Referenten Roman Herre von der Menschenrechtsorganisation FIAN mit dem Titel „Wie wir alle gut satt werden könnten“ an. Veranstaltungsort ist der Stern e.V. und der Eintritt ist wieder frei.

Sicher gibt es auch hier wieder viele interessante Informationen, spannende Diskussionen und auch Gelegenheit zum Vernetzen.