Redebeitrag zum Klimastreiktag am 03.03.2023

Zum Klimastreiktag am 03.03.2023 wurde von Fridays for Future Aschaffenburg eine Kundgebung mit anschließender Demo durch die Innenstadt organisiert.

Neben mehreren Redebeiträgen von FFF gab es weitere vom Klimabündnis Aschaffenburg, vom VCD und von Greenpeace.

Wir dokumentieren hier unsere Rede:

Kämpfe zusammen Denken

Liebe Kundgebungs-Teilnehmer*innen,

die Auswirkungen des Klimawandels auf die Existenz von Menschen – vor allem im globalen Süden – sind schon heute gravierend.

Nach Angaben des UN-Flüchtlingswerkes UNHCR waren 2021 weit über 20 Millionen Menschen – und damit fast ein Viertel aller Flüchtenden weltweit – aufgrund der Folgen extremer Wetter-Ereignisse auf der Flucht.

Die Menschen, die durch klimawandelbedingte Dürren, Überschwemmungen, Waldbrände oder Erdrutsche ihr zuhause und ihre Lebensgrundlage verlieren, sind die Hauptleidtragenden eines globalen ökonomischen Systems, das sich nur durch immer weiteres Wachstum, durch immer neue Mehrwertschaffung und durch immer weitere Ausbeutung von Menschen, Tieren und Natur am Leben halten kann.

Es ist das kapitalistische System des „Alle-gegen-Alle“, das für den Reichtum Weniger die Lebensgrundlagen aller Menschen aufs Spiel setzt.

Wenn wir also gegen den Klimawandel kämpfen, so können wir diesen Kampf nicht trennen von Kämpfen um globale soziale Gerechtigkeit. Und hierbei geht es um nicht weniger als um einen „System Change“, denn auch ein grün gefärbter Kapitalismus wird an der grundlegenden Wachstums- und Konkurrenzlogik nichts ändern – der globale Norden wird vielleicht nun andere Rohstoffe benötigen, aber die Art der Ausbeutung wird ähnlich oder gleich bleiben und in allererster Linie zu Lasten von Menschen und Natur auf der südlichen Erdhalbkugel gehen.

Wir können unseren Kampf gegen den Klimawandel aber auch nicht trennen von dem Kampf gegen einen Klimarassismus, der vor allem People of Colour im globalen Süden trifft. Bevölkerungsgruppen, die historisch – und mit Auswirkungen bis heute – unter Kolonialismus und/oder Sklaverei zu leiden hatten, sind diejenigen, die am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich sind, die aber am meisten von dessen Folgen getroffen werden. Es sind die Industrienationen und oft ehemaligen Kolonialmächte des globalen Nordens, die den Klimawandel maßgeblich verursachen und die die Rohstoffe der wirtschaftlich armen Länder kontinuierlich plündern. Gegenüber den auch daraus resultierenden Migrationsbewegungen schotten sich ebendiese reichen Nationen immer mehr – und immer brutaler- ab.Denken

Das tägliche Sterben beispielsweise im Mittelmeer, es könnte sofort enden, wenn die EU sichere Fluchtrouten für alle Flüchtenden einrichten würde.

Stattdessen sollen die Grenzzäune um Europa nun noch höher gezogen werden: Ganz im Sinne der extremen Rechten höhlt die EU Menschenrechte weiter aus und erweitert die Befugnisse für Grenzschutzbehörden wie Frontex, welche bisher vor allem durch brutales Vorgehen und illegale und teilweise auch tödlich endende Push-Backs aufgefallen sind.

Diese fortschreitende Verrohung bürgerlicher Politik hat aber auch auf lokaler Ebene ihre Entsprechungen: Etwa wenn ein grüner Landrat aus Miltenberg für höhere Grenzzäune um Europa wirbt und medienwirksam steigende Migrationszahlen zum Problem erklärt, anstatt die Gründe zu skandalisieren, die Menschen überhaupt dazu zwingen, zu fliehen.

Derzeit steigen bundesweit erneut die gewaltsamen Angriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte. Solchen Taten geht in der Regel ein gesellschaftliches Klima voraus, in dem ungehemmt und ungestraft gegen Geflüchtete gehetzt wird. Eine solche Hetze wird aktuell auch direkt vor unserer Haustür in Großostheim verbreitet. Dort versammelte sich vor drei Tagen eine große Zahl geistiger Brandstifter*innen, um gegen die dort geplante Flüchtlingsunterkunft zu agitieren.

Stellen wir uns dem entgegen! Setzen wir Zeichen der Solidarität mit Menschen auf der Flucht.

Treten wir insgesamt Rechtsextremen und ihren Lügen entgegen:

Lügen, die sie auch über den Klimawandel und über die Klimagerechtigkeitsbewegung verbreiten:

Zum Beispiel in den Telegram-Gruppen der lokalen sogenannten Querdenker*innen, die mehrere Hundert Mitglieder haben und in denen AfD-Faschist*innen, Neonazis und Shoa-Leugner*innen das Wort führen:

Dort wird regelmäßig der Klimawandel verharmlost oder geleugnet – Klimaaktivist*innen werden als Verbrecher*innen dargestellt.

Auch bei diesem Thema ist eine unheilige Allianz von ganz Rechtsaußen bis in die bürgerliche Mitte erkennbar, nämlich wenn Proteste für mehr Klimaschutz von Politiker*innen und Teilen der Medien als kriminelles Verhalten verunglimpft werden und diesen Protesten mit Hilfe polizeistaatlicher Gesetze wie dem Polizeiaufgabengesetz mit scharfer Repression begegnet wird.

Über die Internet-Kanäle der extremen Rechten werden aber auch offen antisemitische Verschwörungsnarrative verbreitet:

Ein besonders widerliches Beispiel ist dort die Darstellung der Klimagerechtigkeitsbewegung als angebliche Marionette jüdischer Strippenzieher*innen bei deren behaupteten Versuch die Welt zu unterjochen und zu unterwerfen.

Klimagerechtigkeit muss aber auch die Forderung nach Gendergerechtigkeit einschließen:

In dem vom Klimawandel am stärksten betroffenen globalen Süden sind es nämlich in der Mehrzahl Frauen, die unter der Klimakrise besonders zu leiden haben:

Sie treffen die Auswirkungen klimawandelbedingter Wetterextreme ungleich härter, da sie strukturell eher für reproduktive Tätigkeiten wie Haushalt oder die Arbeit in der Landwirtschaft in Kleinbetrieben bzw. zur Selbstversorgung verantwortlich sind, also Orte, die von Dürren oder Überschwemmungen besonders betroffen sind. Bei klimabedingten Katastrophen werden Frauen aber auch insofern häufiger Opfer, weil sie später gewarnt werden, seltener schwimmen können und sich auf der Flucht vermehrt um ihre Angehörige kümmern. Diese strukturelle Benachteiligung setzt sich zudem von Generation zu Generation fort, denn nicht selten brechen Mädchen die Schulausbildung ab, um ihre Mütter bei deren Arbeiten zu unterstützen, wodurch sie in dieselbe schlechte Ausgangssituation wie zuvor ihre Mütter kommen.

Auch im globalen Norden ist die gemeinsame Forderung von Klimagerechtigkeit und Gendergerechtigkeit absolut berechtigt: Denn hier sorgen patriarchalische Vorstellungen dafür, dass eine klimafreundliche pflanzliche Ernährung als „unmännlich“ gilt, während sich medial ein Männlichkeitswahn verbreitet, der Männer zu natürlichen Jägern und Fleischessern stilisiert. Dabei ist es gerade die Produktion von Fleisch, die beinahe für ein Fünftel aller globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist.

Wobei das Wort „Fleisch“ verdeckt, welches ungeheure Tierleid und millionenfaches Töten täglich weltweit verursacht wird, um einen völlig unnötigen Bedarf an tierischen Lebensmitteln zu produzieren. Unser Kampf muss auch den Kampf um die Rechte unserer nicht-menschlichen Mit-Lebewesen miteinschließen: Wir Menschen könnten gut satt werden, ohne dass ein anderes Lebewesen dafür leiden müsste. Und wir müssen auch dringend die Zerstörung der Lebensgrundlagen der wild lebenden Tiere beenden, um das immer weiter fortschreitende Artensterben zu stoppen.

Auch wenn wir hier nur ein paar besonders prägnante Beispiele aufgeführt haben und es sicher noch andere Formen von Unterdrückung gibt, gegen die wir uns einsetzen sollten, wie z.B. für Flinta* Menschen, hoffen wir doch, aufzeigen zu können, dass unsere Kämpfe für Klimagerechtigkeit untrennbar verbunden sind mit Kämpfen gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit und für Tierrechte.

Unsere Kämpfe für ein gute Leben für Alle sind also immer auch Kämpfe ums Ganze!