Redebeitrag zur FFF-Kundgebung am 20.01.2023

Am 20.01.2023 fand vor der City Galerie eine Kundgebung von „Fridays for Future Aschaffenburg“ statt, die sich mit den Klimakämpfen u.a. im Lützerath solidarisch zeigen wollte.

Neben FFF kamen Redner*innen der Interventionistischen Linken, der Partei „Die Linke“, „Greenpeace“ und vom „Klimabündnis Aschaffenburg“ zu Wort:

Wir dokumentieren hier unsere Rede:

Liebe Klima-Aktivist*innen,

die Räumung und Zerstörung von Lützerath und aktuell vom Fechenheimer Wald sind weitere Tiefpunkte im Versagen beim Kampf gegen den Klimawandel hierzulande.

Wieder einmal tritt der Kern des kapitalistischen Wirtschaftssystems klar zutage:

Der bürgerliche Staat dient darin nämlich nicht den Menschen und ihren elementaren Bedürfnissen, sondern der Mehrwert-Schaffung derer, die die Produktionsmittel und Eigentum besitzen.

Und so wird der Staat zwangsläufig auch nicht unseren Vorstellungen von einer ökologischen und sozial ausgerichteten Welt entgegenkommen, sondern weiterhin eher den Geschäfts-Interessen von Konzernen wie RWE dienen.

RWE, dieser beinahe typisch deutsche Konzern, der im zweiten Weltkrieg eine der wichtigsten Stützen der Rüstungsindustrie der Nationalsozialist*innen war, auch mithilfe der Ausbeutung von hunderten von Zwangsarbeiter*innen.

Und der, wie fast alle Firmen, die an nationalsozialistischen Verbrechen beteiligt waren, nach der Befreiung Deutschlands ungestraft seine Geschäfte weitermachen konnte.

Geschäfte, die seitdem weltweit Umwelt, Klima und Menschen massiven Schaden zufügen. Wobei auch hier gilt: Die Gewinne behalten der Konzern und seine Anleger*innen, die Folgekosten der Verwüstungen trägt die Allgemeinheit.

So hat zum Beispiel RWE zusammen mit dem Energiekonzern Vattenfall letztes Jahr über 2 Milliarden Euro an Entschädigungen für den Atomausstieg vom Staat zugesagt bekommen.

Im Gegenzug konnten sich die Energiekonzerne zum Schnäppchenpreis aus den Folgekosten für den von ihnen selbst produzierten Atommüll freikaufen. Diese Folgekosten belaufen sich Schätzungen zufolge auf fast 170 Milliarden Euro, von denen wir, die Allgemeinheit fast 90% bezahlen werden müssen.

Insofern erscheint uns die Initiative „RWE & Co enteignen“ richtig zu sein: Denn der Energiesektor gehört nicht in private Hände, sondern in die der Allgemeinheit. Auch Energie darf keine Ware sein, mit der nur Gewinne gemacht werden. Im Gegenteil muss Energie in den Händen Aller liegen, damit auch Strom ohne Ausbeutung von Menschen, Tieren und Natur produziert wird und uns allen dient.

Dabei muss auch das Narrativ von einem grünen Kapitalismus als das benannt werden, was es ist: ein Märchen: Ein System, das auf Wachstum, Ausbeutung und Gewinnerzielung ausgerichtet ist, ist nicht reformierbar. Es muss durch ein anderes ersetzt werden, um ein gutes Leben für alle auf einem intakten Planeten zu ermöglichen.

Aber – anstatt sich von ihrer Lebenslüge zu verabschieden – hetzen auch die Grünen lieber ihre Knüppelgarden gegen uns, um die alte Ordnung zu bewahren. Die alte Ordnung, die schon vor ca. 40 Jahren die Band TonSteineScherben so richtig auf den Punkt brachte mit dem Lied : „Wer das Geld hat, hat die Macht und wer die macht hat, hat das Recht!“

Versagt wird auch auf lokaler Ebene. Trotz Klimanotstand tut sich in Aschaffenburg so gut nichts gegen den Klimawandel: Die Stadtverwaltung brüstet sich zwar mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis, welcher der Stadt vor ein paar Jahren verliehen wurde. Dieser Preis ist Greenwashing vom Feinsten: er wurde hauptsächlich von denjenigen Firmen initiiert und wird maßgeblich an diejenigen Firmen verliehen, die mit ihren Produkten der Umwelt und dem Klima global am meisten Schaden zufügen.

Jenseits fragwürdiger Nachhaltigkeits-Preise sieht die Realität in Aschaffenburg aber so aus:

Breiter Ausbau von Solar-Paneelen auf Dächern und anderen erneuerbaren Energien ? Fehlanzeige!

Konzepte zur radikalen Strom- und Mülleinsparung? Fehlanzeige

Initiativen, die biologische und pflanzlicher Ernährung fördern und Tierleid beenden? Ebenfalls Fehlanzeige!

Zudem bleibt Aschaffenburg ein Auto-Paradies bis beinahe in den letzten Meter Stadtfläche. Dabei trägt gerade der Individualverkehr maßgeblich zu schädlichen Co2-Emissionen bei.

Längst überfällig wären eine autofreie Stadt verbunden mit einem massiven Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel, die für alle kostenlos sein müssten. Aber politische Initiativen von Seiten der etablierten Parteien auch hier: Fehlanzeige!

Anzeigen und Repression gibt es aber derzeit zuhauf gegen diejenige, die sich für einen lebenswerten Planeten einsetzen:

Derselbe Staat, der seit Jahrzehnten im Kampf gegen rechte Gewalttäter*innen und Mörder*innen komplett versagt, zeigt sich gnadenlos gegenüber denjenigen, die für progressive Veränderungen kämpfen:

Flankiert von einer öffentlichen Kampagne, die deutlich macht, wie weit Teile des bürgerlichen Lagers inzwischen schon verroht sind, sind Klima-Aktivist*innen zum Teil massiver Gewalt von Seiten der Polizei und juristischer Verfolgung ausgesetzt:

Grundlage dafür sind unter anderem Gesetze wie das Polizeiaufgabengesetz, das mit Möglichkeiten wie dem Präventivgewahrsam polizeilicher Willkür noch mehr Tür und Tor öffnen. Und das bei Einsatzkräften, deren Tun Und Handeln keiner wirklich demokratischen Kontrolle untersteht und die mit lauter rechtsextremen Einzelfällen gespickt sind.

Und auch die jüngsten Gerichtsurteile geben kaum Anlass zur Hoffnung: So bestätigte das Landgericht Berlin vorgestern in zweiter Instanz die Verurteilung eines Aktivisten der „letzten Generation“: Seine Teilnahme an einer Strassenblockade sei als verwerflich anzusehen und erfülle den Tatbestand der „Nötigung“, weil es kein noch so hehres Ziel gebe, was diesen Eingriff in die Rechte anderer rechtfertige, so das Gericht.

Diesen Angriffen auf uns von Gesellschaft, Staat und Justiz sollten wir uns gemeinsam entgegenstellen.

Unser Kampf für eine Welt, in der die Lebensgrundlagen für alle Menschen erhalten bleiben, ist legitim.

Nicht uns, sondern denen, die den Planeten zerstören, die Menschen unterdrücken und ausbeuten muss das Handwerk gelegt werden.

Bleiben wir also kollektiv widerständisch gegen eine Politik, die den Klimawandel weiter beschleunigt.

Um gemeinsam zu überlegen, wie wir auch in Aschaffenburg noch mehr Druck von unten ausüben können, damit auch hier endlich wirklich etwas gegen den Klimawandel getan wird, laden wir Euch herzlich ein zu unsrem nächsten Klimastammtisch, der jeden ersten Freitag im Monat im Stern stattfindet:

Nächster Termin ist hier der 3.Februar, ab 20.00,

vielen Dank