Der „Blah“-pitalismus hat dem Klimawandel nichts entgegenzusetzen.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat recht, wenn sie als Fazit des vergangenen UN-Klimagipfels betont, „dass wir gerade wirklich einen historischen Moment erleben“.
Aber es ist sicher kein positiver historischer Moment, wie Schulze impliziert, sondern ein weiterer Meilenstein des
Totalversagens: Denn Maßnahmen, die zur Bekämpfung des Klimawandels besser gestern als heute dringend zu ergreifen wären, wurden (erneut) nicht beschlossen.
Insofern sind die Ergebnisse des Gipfels von der Klimaaktivistin Greta Thunberg mit „Blah, Blah, Blah“ treffend analysiert.
Wie bei ähnlichen vorangegangenen Klimakonferenzen gibt es keine verbindliche Abmachung zum – eigentlich sofort notwendigen – Ausstieg aus der Kohle-Energie und zum stärkeren Ausbau regenerativer Energien. Ganz zu schweigen von auch nur Politikansätzen hin zu einer grundsätzlichen Verkehrs- oder Agrarwende.
Es bleibt – wie gehabt – bei reinen Appellen.
Unterdessen erlebt in Ländern wie in Frankreich die hochriskante und potentiell zerstörerische Atomkraft ein Revival, wovon in einigen Fällen auch solche deutschen Konzerne mitverdienen, die von der Politik in Deutschland für den Atomausstieg fürstlich entschädigt werden. RWE und E.ON z.B. sind – entgegen ihrer Greenwashing-Außendarstellung – maßgeblich am Bau neuer Atomkraftwerke in Großbritannien und den Niederlanden beteiligt. Hierzulande dürfen diese Konzerne als doppelte Gewinner gelten: Während die Gewinne aus der Zeit der Atomkraft zu ihren Gunsten privatisiert waren, sind die Verluste (die sich aus dem Ausstieg aus der Atomkraft ergeben, v.a. das ungelöste Problem der Endlagerung) mal wieder vergesellschaftet.
Aber auch die dringend benötigten Finanzhilfen für arme Staaten des globalen Südens, deren Bewohner:innen schon jetzt unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden, sollen zwar erneut aufgestockt werden: allerdings werden solcherlei Hilfen schon seit Jahrzehnten immer wieder in Aussicht gestellt, ohne dass die reichen Länder, Deutschland eingeschlossen, auch tatsächlich die benötigten Gelder in die entsprechenden Fonds einzahlen würden.
Nutznießer:innen und Verwalter:innen der globalen Hackordnung des Kapitalismus haben dem Klimawandel nichts entgegenzusetzen: Das systemimmanente wirtschaftliche Prinzip des „Alle gegen Alle“ und „Jeder für sich“ sorgt dafür, dass weiterhin die führenden Industrienationen (inklusive derjenigen, die es werden wollen) am Status Quo festhalten.
Mögen ihre geplanten Wirtschafts-Modernisierungen zwar auch grün eingefärbt sein, so wird doch weiterhin auf unbegrenztes Wachstum, auf Individualverkehr, auf Monokulturen samt Giftstoffeinsätzen und auf massenhafte
Fleischproduktion gesetzt.
Haupt-Leidtragende werden auch in Zukunft die Länder des globalen Südens sein, die weiterhin als billige Rohstofflieferant:innen oder als Mülldeponien reicherer Länder dienen auf Kosten steigender Armut, Umweltzerstörung oder der Zerstörung lokaler Märkte. (Das Beharren v.a. Deutschlands auf Impfstoffpatenten und das damit verbundene Im-Stich-lassen von Ländern des globalen Südens bei einer gerechten Corona-Impfstoffverteilung zeigt sehr deutlich wohin die Reise weiterhin geht.)
Neu dürfte daran nur sein, dass sich diese Politik dann mit diversen Nachhaltigkeitssiegeln ausrüstet.
Das „Business as usual“, das auf globaler Ebene mit (E-)Caracho in die Klimakatastrophe rast und die Lebensgrundlage mehrerer Hundert Millionen von Menschen bedroht, setzt sich auf kommunaler Ebene fort.
Im Juli 2020 rief die Stadt Aschaffenburg den Klimanotstand aus, und versprach damit, dass Maßnahmen gegen den Klimawandel zukünftig bei allen Stadtratsbeschlüssen, Vergaben und Planungen höchste Priorität haben sollen.Getan hat sich seither indes nichts. Im Gegenteil: Seit Ausrufung des Klimanotstands beweist die Stadtverwaltung jeden Monat aufs Neue, dass umwelt- und klimaschützende Maßnahmen für sie offenbar nur eine untergeordnete Rolle spielen:
Die Verkehrspolitik der Stadt fördert weiterhin den Individualverkehr und lässt für unsinnige Straßenbauprojekte (wie die B26) oder den Neubau von Parkplätzen (wie aktuell unterhalb vom Schloß) oder auch einfach nur zur besseren Sicht auf die Einöde des Volksfestplatzes immer weiter alte Bäume fällen, während andererseits vor Kurzem wiederholt einer Baumschutzverordnung vom Stadtrat eine Absage erteilt wurde.
Autos sollen wohl in Zukunft auch vermehrt ins Klinikum fahren, wo mit dem Segen der Stadt Aschaffenburg die Parkplatzkapazitäten massiv ausgebaut werden (mit Geld, das zur gerechten Bezahlung derjenigen Klinikmitarbeiter:innen nicht vorhanden zu sein scheint, die seit vergangenem Jahr outgesourct dieselben Jobs für
weniger Lohn machen dürfen). Eine bessere Anbindung an den ÖPNV schien im Stadtrat gar nicht erst Thema zu sein, stattdessen werden weiterhin Anreize für klimaschädlichen Individualverkehr geschaffen. Dass dabei selbst ein
Mindestmaß an Umweltfreundlichkeit eine Rolle spielt – auf Solarpaneele auf dem Dach des neuen Parkhauses wird bisher als Mindestvoraussetzung für ein Baugenehmigung kein Wert gelegt – verwundert da kaum.Proteste und Widerstand gegen diese Politik wären insofern notwendiger denn je. Gerade auch insofern, dass sich schon jetzt abzeichnet, dass innerhalb der kommenden neuen Bundesregierung selbst die ungenügenden klimapolitischen Vorstellungen der „Grünen“ bis zur Unkenntlichkeit verwässert werden.
Angesichts der verheerenden Ergebnisse der vergangenen Klimakonferenz und angesichts der eklatanten Untätigkeit von Politiker:innen auch auf lokaler Ebene sollten wir den Umarmungsversuchen widerstehen und gemeinsam für eine Politik einstehen, die für einen kompromisslosen Umwelt- und Klimaschutz kämpft.
Aschaffenburg kann Klimawandel, zumindest wenn es um das Ummachen von Bäumen geht: Die Main-Insel nach umfassenden Rodungs- und Baumfällarbeiten zwecks optimaler Sichtachsen auf die Schotterfläche des Volksfestplatzes.